»Pflanze des Monats - November

Schlehe

Der Schlehdorn (Prunus spinosa), auch Schlehendorn, Schlehe, Heckendorn oder Schwarzdorn ist ein mittelgroßer Strauch oder kleiner Baum der Gattung Prunus, der zur Unterfamilie der Steinobstgewächse (Amygdaloideae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört.

Die Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und Nordafrika. In Nordamerika gilt er als eingebürgert. Im hohen Norden und auf Island sind keine Bestände belegt. Er vermehrt sich durch Aussaat und durch Wurzelausschläge.

Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Als Heckenpflanze ist er weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Gesellschaft von Wacholder, Berberitze, Haselnuss, Wildrosen und Weißdornarten. Auf den Dünen an der Ostsee ist er insbesondere mit Weiden vergesellschaftet. Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1400 m.

Man ordnet ihn dem eurasischen Florenelement zu und geht davon aus, dass er spätestens in der jüngeren Steinzeit nach Mitteleuropa eingewandert ist. Zahlreiche Funde von Schlehenkernen im Umfeld neolithischer Pfahlbauten sprechen für diese Annahme.

Beschreibung

Der sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als Strauch oder als kleiner, oft mehrstämmiger Baum, der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von 3 m. In seltenen Fällen können auch Exemplare bis 6 m Höhe beobachtet werden. Da die zahlreichen Kurztriebe beinahe waagerecht von den Langtrieben abstehen, zeigt die Schlehe ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde und sind insbesondere in den Eichengebüschen der Nordseeküste und den Hängen des Oberrheingrabens anzutreffen. Schlehdorn im Hintergrund als typische Pflanze sonnenexponierter Lagen, in Hecken und an Waldrändern. Er trägt zu einem reichblühenden Frühjahrsaspekt bei.

Die Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche Rinde, die im fortgeschrittenem Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart. Die Zweige zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt. Die Kurztriebe bilden Dornen aus, die im botanischen Sinne umgewandelte Seitentriebe sind und als eine Anpassungsleistung an Trockenheit gedeutet werden. Die hellbraunen Knospen stehen meist zu dritt über einer Blattnarbe, wobei es sich bei den seitlichen gewöhnlich um Blütenknospen handelt, die rundlicher gestaltet sind als die ovalen bis oval-kugeligen Blattknospen. Die Knospenschuppen sind meist behaart oder bewimpert und laufen in einer Spitze aus.

Die Blätter des Schlehdorns stehen wechselständig und sind häufig büschelig-spiralig angeordnet. Sie fühlen sich relativ weich an und bilden eine verkehrt-eiförmige Form aus, die sich zum Blattgrund hin keilförmig verschmälert und in einer spitzen bis stumpfen Blattspitze ausläuft. Der Blattrand weist eine doppelte, feine Zähnung auf. Die 2-5 cm langen und 1-2 cm breiten Blätter stehen an 2-10 mm langen Blattstielen, die leicht behaart sein können. Junge Blätter bilden an ihrer Blattunterseite zunächst eine flaumige Behaarung aus, verkahlen jedoch in der Folge und zeigen dann eine mittelgrüne Färbung. Die Blattoberseite ist unbehaart und von dunkelgrüner Farbe. Linealische, am Rand gezähnte Nebenblätter überragen gewöhnlich den Blattstiel. Am Grund der Blattspreite befinden sich Nektardrüsen. Blüten. Die weißen Blüten des Schlehdorns erscheinen im März und April - lange vor dem Laubaustrieb. Dadurch lässt sich die Schlehe in diesem Zeitraum leicht vom Weißdorn unterscheiden, dessen Blüten erst nach den Blättern gebildet werden. Die kurzgestielten, fünfzähligen, zwittrigen, und radiärsymmetrischen Blüten haben einen Durchmesser von bis zu 1,5 cm. Sie bilden sich an den verdornten Kurztrieben und stehen dort sehr dicht einzeln oder zu je zwei aneinander. Charakteristisch ist ihr leichter Mandelduft. Die Kronblätter erreichen eine Länge von etwa sechs bis acht mm und umgeben die etwa 20 fünf mm langen Staubblätter mit gelb-rötlichen Staubbeuteln welche wiederum einen Griffel säumen. Der mittelständige Fruchtknoten ist weit in den Achsenbecher eingesenkt. Außen werden die Kronblätter von einem fünf-blättrigen, glockig-zipfeligem Kelch umgeben. Die dreieckigen bis ovalen Kelchblättchen werden etwa 1,5 bis 2 mm lang und sind an ihrem Rand drüsig fein gezähnt.

Die Innenseite des Blütenbechers sondert reichlich Nektar ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Früchte des Schlehdorns. Aus dem Fruchtknoten entwickelt sich eine kugelige, dunkelblau bis schwarze, stark bereifte Steinfrucht mit einem Durchmesser von etwa einem bis 1,5 cm. Charakteristisch ist der darin enthaltene kugelig- bis linsenförmige, leicht runzelige Steinkern. Er wird etwa neun mm lang und sechs mm breit und löst sich nur schwer vom grünen Fruchtfleisch. Die Schlehen sind sehr sauer und herb - erst nach einem Frost werden sie schmackhafter. Sie reifen von Oktober bis November und verbleiben den Winter über am Strauch.

Die Schlehe wird von Insekten bestäubt. Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung.

Diese Pflanzenart gehört zu den Wurzelkriechpionieren. Die weit streichenden Wurzeln treiben Schößlinge, so dass sich oftmals dichte Schlehenhecken bilden. Der Schlehdorn gilt als Stammform der Kulturpflaume.

Ökologie

Seine langen Sprossdorne schützen den Schlehdorn wirkungsvoll vor dem Fraß größerer Pflanzenfresser (Megaherbivoren). Wenn er einmal etabliert ist, breitet er sich durch seine reichliche Wurzelbrut leicht weiter aus, so dass undurchdringliche Gestrüppe entstehen. Auf Pionierstandorten, wie zum Beispiel Trockenhängen, verdrängt er schnell die dort angesiedelte krautige Vegetation. Ökologisch betrachtet, stellt der Schlehdorn für die Erhaltung solch wertvoller und geschützter Biotope eine Problemart dar. Das Stadium des Schlehen-Weißdorn-Gebüsches bildet die Überleitung zum Wald. Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze und dient zur Zeit ihrer Blüte im Frühjahr zahlreichen Schmetterlingen, u.a. dem Tagpfauenauge, als Nektarquelle. Die Schlehe beherbergt wie Brombeere und Himbeere 54 Arten Schmetterlingsraupen. Raupen der Pflaumen-Gespinstmotte an der Schlehe. Ihre Blätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten Grauen Laubholz-Spinnerspanners und Schlehen-Grünspanners oder des stark gefährdeten Schwalbenwurz-Kleinspanners eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte Hecken-Wollafter legt vorwiegend in der Schlehe sein Eigelege an. Für die Jungraupen stellen die Schlehenblätter die erste Nahrung dar. Insgesamt konnten mehr als 70 Tag- und Nachtfalter bzw. deren Raupen auf dem Schlehdorn nachgewiesen werden.

Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Der selten gewordene Goldglänzende Rosenkäfer knabbert gerne an den Blütenblättern und dem Pollen der Pflanze. Der Dunkle Zierbock schätzt den Nektar der Blüten. Für etwa 20 Wildbienenarten stellt der Schlehdorn im zeitigen Frühjahr einen wertvollen Pollen- und Nektarspender dar. Von den Früchten des Schlehdorns ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch Meisen und Grasmücken. Schlehenhecken bieten speziell Strauchbrütern einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der selten auftretende Neuntöter. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf.

Verwendung

Die medizinische Wirkung der Schlehe wird als adstringierend (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend und entzündungshemmend beschrieben. Getrocknete Blüten werden zur Blutreinigung und allgemeinen Stärkung und als schonendes Abführmittel für Kinder benutzt. Die Blüten eignen sich hervorragend für Haustees. Sie unterstützen Therapien bei Hautkrankheiten. In der Volksmedizin werden Schlehen auch als Vorbeugung gegen Nieren- und Blasensteine verwendet. Von dem Strauch verwendet man die Blüten (als Salat zusammen mit Orangen, Honig, Mandeln und etwas Saft einer Zitrone als kleine Vorspeise), aus den Früchten gewinnt man Saft, Punsch oder Likör. Mus oder Marmelade aus den Beeren wirkt gegen Appetitlosigkeit.

Die Früchte werden zur Herstellung von Marmeladen, Fruchtsäften, Likör (Schlehenfeuer), Branntwein (Schlehenwasser), Fruchtweinen und Spirituosen genutzt. In manchen Gegenden werden sie auch dem Apfelwein zugesetzt. Man erntet und verarbeitet die Früchte nach dem ersten Frost.

Ingenieurbiologische Bedeutung erlangt die Schlehe durch ihr weitreichendes Wurzelwerk, ihre Ausbreitungsfreude und Windbeständigkeit. Sie eignet sich deshalb besonders zur Befestigung von Hängen und Böschungen. Auch als Schneeschutzgehölz und Verkehrsbegleitgrün kommt der Schlehe einige Bedeutung zu. Die Zweige des Schlehdorns werden in Gradierwerken, zum Beispiel in Bad Salzuflen oder Bad Orb, verbaut.

Aus der Rinde lässt sich Tinte gewinnen. Dazu muss die Rinde von den Zweigen geklopft und in Wasser eingelegt werden. Nach drei Tagen wird das Wasser abgegossen, aufgekocht und erneut über die Rinde gegossen. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis die Rinde vollkommen ausgelaugt und alle farbgebenden Substanzen gelöst sind. Danach wird die Flüssigkeit mit Wein versetzt und eingekocht. Diese Dornentinte wurde in den mittelalterlichen Skriptorien verwendet, geriet dann aber – wahrscheinlich wegen ihrer mangelnden Lichtbeständigkeit – in Vergessenheit. Die Samen des Schlehdorns enthalten das Blausäure-Glykosid Amygdalin.

Brauchtum

Die Schlehe zählte früher zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 24. April – dem Georgi-Tag – lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin der Getreideernte um den Jakobi-Tag zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube.

Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen Hexen zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt.

Zahlreiche Legenden befassen sich mit dem frühblühenden, auffällig reinweißen Blütenschmuck der Schlehe. In Posen wird berichtet, dass der Kreuzdorn der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die Dornenkrone Jesu bereitgestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott des Nachts unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus.

Der Name der Schlehe ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem indogermanischen Wort (S)li ab. Dieses hatte die Bedeutung „bläulich“. Man findet diese ursprüngliche Bedeutung auch als Silbe im Pflaumenschnaps Slivovitz wieder. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als sleha, im Neuhochdeutschen als slehe bezeichnet. Der Schlehe nah verwandt und ähnlich, nur ein wenig größer und weniger sauer, ist die in alten Bauerngärten erhalten gebliebene Kriechen-Pflaume sowie die sehr schlehenähnliche Zibarte.

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